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17
Okt
08

Die Sexindustrie und das Internet

Der us-amerikanische Markt der Online-Pornographie


Internet-Pornographie wird über Webseiten, peer-to-peer file sharing Software, ICR und über Usenet-Groups vermarktet und distributiert. Bereits in den 80ern wurde Pornographie im Internet gehandelt, allerdings überwiegend von Privatpersonen und Newsgroups. Mit der Öffnung des Internets für breite Bevölkerungsschichten und der Proklamierung des „World Wide Web“ in der ersten Hälfte der 90er Jahre, kam es zu einer explosionsartigen Ausbreitung von Pornographie über das Internet, die via einem Home- Computer komplikationslos und völlig anonym erhältlich war. Diese Industrie besteht aus einer Reihe weniger großer Unternehmen, die zwischen einigen hundert bis tausenden von Webseiten betreiben und einer großer Anzahl kleinerer Unternehmen. Sie umfasst Firmen, die direkt in der Produktion und Distribution von pornographischen Material involviert sind, aber auch Firmen, die Serviceleistungen wie Hosting, Inkasso und Programmierung anbieten. Kabel- und Satelliten-Netzwerkbetreiber sowie Telekommunikationsdienstleister sind im erheblichen Umfang an diesem Geschäft beteiligt. Global wird die Anzahl der maßgeblich beteiligten Unternehmen, die ihren Umsatz über Mitgliedereinschreibungen, Distribution über das Internet (Pay-per-View, Video-on-Demand, etc.) sowie Werbung und Lizenzierung von pornographischen Inhalten generieren, auf zwischen 150 bis 400 geschätzt.


Quelle: Caslon Analytics profile of the online ‚adult content‘ industrie/

http://www.caslon.com.au/xcontentprofile.htm

Der Markt der Online-Pornographie ist ähnlich wie der der gesamten Sexindustrie immer noch geprägt von einer mangelnden Transparenz und fehlendem verlässlichen statistischen Material. Es gibt zwar eine Vielzahl von Statistiken, die aber, je nach tatsächlicher Einsicht in die Marktstrukturen oder politischer Intention, zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Eine Erkenntnis kann man bei dieser Zahlenjonglage, die nachfolgend teilweise dokumentiert wird, auf jeden Fall gewinnen: Das es sich bei diesem relativ jungen Markt um eine sehr dynamische, profitable und schnell wachsende Branche handelt. Nach einem Bericht von „Forrester Research“ aus dem Jahr 2001 sind 19% der nordamerikanischen User regelmäßige Besucher von pornographischen Webseiten. Von diesen 19% soll jeder vierte User bereits weiblich gewesen sein. Nach den Internetstatistiken und Analysen (2001) von US-Firmen wie “Jupiter Media Metrix”, “Nielsen/NetRatings” und der europäische „NetValue” besuchten ca. 30% aller Internet-User monatlich erotische und pornographische Webseiten bei einer aufgewendeten Gesamtzeit, die zwischen 40 und 85 Minuten lag. Die Firmen “Datamonitor” und “Forrester Research“ schätzten die Anzahl von pornographischen Webseiten für diesen Zeitraum auf 50.000-60.000, während AdultCheck, ein Alterbestätigungssystem für Adult-Seiten von ca. 80.000 Seiten ausging. Nach dem „Internet Filter Review“ der us-amerikanischen Firma „TopTenReview.Inc“ (2003 gegründet) gab es in den USA 2003 4,2 Millionen pornographischer Webseiten – was 12% der globalen Gesamtsumme entspricht – mit jährlich 72 Millionen Besuchern, davon 40 Millionen US-Amerikaner. ( Die auffällige Diskrepanz bei einigen Zahlenwerten ergibt sich aus dem Umstand, das zwischen den Begriffen „Domain“, die beliebig viele Webseiten enthalten kann und einer einzelnen „Webseite“ in einigen Artikeln nicht klar unterschieden wurde) “Websense, Inc.”, ein Provider von Filter-Software, verzeichnete einen enormen Zuwachs von Adult-Webseiten in ihrer URL-Datenbank – von 88.000 im Jahr 2000 zu annähernd 1.6 Millionen Seiten im Jahr 2004. Die Anzahl von Webmastern, bzw. Firmen, die mindestens eine Adult-Seite betreiben, wurden, nach einer Einschätzung von Jason Hendeles im Jahr 2000 auf zwischen 30.000 bis 45.000 geschätzt und man ging von einer Steigerung auf über 110.000 bis 2003 aus. Dies bezieht kleine, vom Privathaushalt aus betriebene Operationen, die in der Regel zwischen 9-18 Domains registriert haben genauso mit ein wie die Majors der Branche, die tausende von Domains betreiben. 2002 sollen nicht mehr als 25 Unternehmen die Branche dominiert haben, wobei der Großteil des Marktes von den 10 führenden Unternehmen kontrolliert wurde.


Jason Hendeles ist der Vizepräsident der Abteilung “Strategic Business Development” des Unternehmens „ICM Registry“. ICM, eine Firma aus Florida, hatte sich bei dem Internetverwalter “Internet Corporation for Assigned Names and Numbers” (ICANN) um ein virtuelles Rotlicht-Quartier beworben, in der alle pornographischen US-Webseiten zentral auf einer Top-Level Domain gebündelt werden sollten. Die ICANN hat diese Bewerbung nach einer unüblichen politische Einflussnahme der Regierung aufgrund des wachsenden Drucks konservativer, christlicher Familienorganisationen, abgelehnt.


2005 listete Google beim Suchbegriff „Porno“ 35 Millionen Seiten auf. Ein Viertel der täglichen Anfragen bei den Suchmaschinen (68 Mill.) soll sich auf pornographisches Material beziehen. Der Markt für Internetpornographie wird auf 2,5 Milliarden Dollar geschätzt, im Verhältnis zu dem angenommenen 57 Milliarden Dollar schweren weltweiten pornographischen Markt zwar noch ein geringer Anteil, der aber stetig im Wachsen begriffen ist. Vor allem da der Markt für Adult-Videos, der global auf 20 Milliarden Dollar geschätzt wird, sich zunehmend auf die Distributionsmöglichkeiten des Internets über Video-on-Demand und Pay-per-View auszurichten beginnt.

Neben der direkten Produktion von Pornographie sind in dem Online-Sektor die Bereiche Analyse, Navigation, Webdesign und Werbung wichtige Segmente des Business. Analyse meint vor allem eine Untersuchung und Aufschlüsselung des Traffics einer betreffenden Weboperation zum Zwecke des verbesserten Marketings. Es gibt Unternehmen deren Service auf einem klaren Preis-Leistungsverhältnis beruhen und andere, die von vor allem kleineren Webunternehmen die Platzierung von Werbebannern oder eine Umsatzbeteiligung als Gegenleistung einfordern. Dieser Service ist inzwischen fester Bestandteil aller großen Partnerprogramme. Navigations-Services bieten spezielle Directories für den User und leiten den Traffic zu einzelnen Seiten. Diese Webseiten bieten neben Hitlisten Linksammlungen von einigen tausend bis 80.000 Links und lassen sich die Platzierung von den Webseiten-Betreibern bezahlen. Ein weiterer wichtiger und lukrativer Geschäftsbereich, der von den beteiligten Firmen als Bestandteil des regulären IT Management Systems gesehen wird, ist die Entwicklung und Anwendung von Filter-Software, um den Zugang zu pornographische Inhalten einzuschränken.


Im Jahr 1997 schätzte Forrester Research den gesamten Online-Endkunden-Markt in den USA auf über $ 2,4 Milliarden. Für 2004 wurde dieser Markt auf über $ 140 Milliarden geschätzt, was einer Wachstumsrate von ca. 80% entspricht und für 2005 ging man von einen gesamten us-amerikanischen e-commerce-Umsatz von knapp $ 170 Milliarden aus. Umsätze des e-commerce in Europa sollen 2004 $ 90 Milliarden ausgemacht haben und wurden für 2005 auf $ 130 Milliarden geschätzt. Der Online-Content-Markt stellt natürlich nur einen Teil dieser Umsätze dar, der sich aufgrund besserer Anbindung der Konsumenten an High-Speed- und Flatrate-Verbindungen aber deutlich erhöhen wird. Nach “Jupiter Research” entwickelt sich der europäische Online-Content-Markt, der im Vergleich zu den USA noch unterentwickelt ist, sehr schnell. 2003 sollen 9% der europäischen Internetnutzer bereit gewesen sein Online-Content und Services zu kaufen, was in einem Umsatz von €693 Millionen resultierte. Das größte Segment stellten hierbei kostenpflichtige pornographische Inhalte, die 43% der Aufwendungen der User ausmachten. Weiterer nicht sexuell-expliziter Multimedia-Content (Musik, Spiele, Video) machten 23% dieses Umsatzes aus. Für 2007 wird davon ausgegangen, das inzwischen 23% aller europäischen User bereit sind Online-Käufe zu tätigen, wobei von einem statistischen Wert von 70€ ausgegangen wird, die jeder User investiert. Wegen der besseren Breitbandanbindungen und der höheren Akzeptanz wird erstmals die Online-Pornographie nicht den Hauptumsatzes dieser Branche generieren. Regulärer Multimedia-Content und Service sollen nach dieser Voraussage 50% des Gesamtumsatzes ausmachen, gefolgt von kostenpflichtigen Bild und Text-Downloads mit 25% und weiteren 25% die die Adult-Branche betreffen. Diese Prognose deckt sich mit dem Ergebnis einer US-Studie aus dem Jahr 2006,die verschiedene Suchmaschinen wie Excite und Alta Vista im Zeitraum 1997 bis 2005 auf die Frequenz pornographisch- und sexorientierter Suchanfragen untersuchte, aus der hervorgeht das diese im Verhältnis zu anderen Suchanfragen erheblich zurückgegangen sind – von 16,8% im Jahr 1997, zu 8,5% 2001, bis zu weniger als 4% im Jahr 2004. Allerdings bezieht die Studie die Marktführer Google, MSN, AOL und Yahoo! In ihre Untersuchung nicht mit ein. Ein Artikel von time.com vom November 2007 bestätigt diese Tendenz . Danach ist der Traffic von Pornowebseiten in den USA von 16,9% im Oktober 2005 auf 11,9% im November 2007 zurückgegangen. Für über 25-jährige User ist sexuelles Entertainment im Web nach wie vor populär und rangiert hinter den Suchmaschinen an zweiter Stelle. Bei den 18-24-jährigen zeigt sich laut dieser Untersuchung aber ein anderer Trend: an erster Stelle stehen Social-Networking-Seiten, gefolgt von Suchmaschinen und e-Mails. Der Besuch von pornographischen Webseiten steht hier nur noch an der vierten Stelle.


“Sexual and Pornographic Web-Searching – Trend Analysis”(2006) von Amanda Spink, Helen Partridge und Bernard J. Jansen / http://www.firstmonday.org/issues/issue11_9/spink/

http://www.thenewatlantis.com/archive/6/jrosen.htm

http://internet-filter-review.toptenreviews.com/internet-pornography-statistics.html


Für die Porno-Industrie hatte das Internet eine enorme Dezentralisierung zur Folge, die nicht nur die Konsumption, sondern auch die Produktion und den Versand betrifft und bot den Majors der Branche die Möglichkeit der Mehrfachverwertung ihres Materials. Schon Ende der 90er konnte ein Pornofilm, z.b. von Vivid oder Private produziert, der in Video- und Sexshops zum Verleih und Verkauf auslag, gleichzeitig über Mail-order vertrieben – im Pay-TV, im AT&T eigenen Sender „Hot Network“ oder im Hotelzimmer angeschaut – und auf den Porno-Webseiten zur Konsumption angeboten werden. Zu den bekanntesten Unternehmen der Sexindustrie gehören neben den Konzernen, die aus dem traditionellen pornographischen Druckgewerbe entstanden sind, wie die “Larry Flynt Publishing”(Hustler), “Playboy” und die “Private Media Group”, Unternehmen wie “Vivid Video”, ”New Frontier Media” und “Rick’s Cabaret”, die alle an der Börse notiert sind. Als die größten Unternehmen in dem Geschäft mit der Online-Pornographie galten um die Jahrtausendwende Voice Media (Cybererotica) und RJB Telcom, welche beide im Audiotext-Segment(Telefonsex) aktiv waren, bevor sie ihre Internetunternehmungen starteten. Außerdem Vivid Video, iGallery, WebPower, CyberEntertainmentNetwork(CEN), „Python Communications“ und BabeNet Ltd.. Im Bereich des “Premium Contents” sollen sie ungefähr die Hälfte des Marktes kontrolliert und zusammen einen Gesamtumsatz von mehr als einer Billion Dollar verzeichnet haben. Allein das Unternehmen „RJB Telcom“ kam auf einen jährlichen Umsatz von ca. 125 Millionen Dollar. Die Mehrzahl dieser Unternehmen befindet sich in privaten Händen, wobei eine zunehmende Tendenz zur Unternehmenskooperation und Networking festzustellen ist. So haben das „Cyber Entertainment Network” und “VS Media” Joint-Ventures mit der „Private Media Group” abgeschlossen, wie auch zwischen “Voice Media” und „Rick’s Cabaret International“ Geschäftskontrakte bestehen. „Private“, wie „Rick`s“ sind öffentlich gehandelte Aktienunternehmen, wie dies auch bei „iGallerie“, die inzwischen Bestandteil von „New Frontier Media“ sind, der Fall ist.


„How Big Is Porn?”, Dan Ackman, Forbes.com, (05.25.01)

Weissbuch der “Free Speech Coalition” (2005) / http://www.freespeechcoalition.com/whitepaper05.htm


Die Zusammenarbeit zwischen Technologie-, Softwarefirmen und Internetdienstleistern mit der Online-Sexindustrie schließt viele bekannte us-amerikanische Konzerne mit ein, u.a. Marriott, Exodus, Concentric, Verio, AboveNet, UUNet (im Besitz von MCI), Sun Microsystems, Yahoo!, AltaVista, Covad, Pacific Bell, Bell Atlantic, Real Networks, Microsoft, AOL und Earthlink. Die größten amerikanischen Kabelnetzwerkbetreiber und Satellitenfirmen, die an pornographischen Filmen über das Pay-per-View-Verfahren mitverdienen sind: Time-Warner, AT&T Cable, , News Corporation über Echostar und DirecTV und Comcast. Während der sogenannten Dot.Com-Krise in den Jahren 2000/2001 erwies sich das Segment der Online-Pornographie als relativ krisenfest und als stabilisierender Faktor der gesamten Internet-Ökonomie. In dieser Zeit, als viele Unternehmen des e-commerce bankrott gingen und ihren laufenden Zahlungen nicht mehr nachkommen konnten, war der Bedarf an Hardware, Hosting-Service und Bandbreite im Adult-Sektor ungebrochen nach wie vor hoch.


Inzwischen hat sich mit “AdultVest.com” die erste Investmentfirma gegründet, die über ihre Webseite mögliche Investoren und Unternehmen aus der Sexindustrie zusammenbringt. Mai 2006 hatten sich bereits 1000 Investoren über die Webseitenformulare des Unternehmens registrieren lassen.


Für Hosting-Firmen, die die Hardware des WorldWideWeb zu Verfügung stellen, stellte die Online-Pornographie ein wichtiger Einkommensfaktor dar, u.a. weil pornographische Webseiten eine weitaus größere Bandbreite und dementsprechend optimierte Hardware zur Darstellung der Photos und Filme benötigen, während viele der Non-Adult-Seiten sich früher überwiegend aus Html-Layout, textbasierten Inhalt und kleinen Graphiken zusammensetzten. Nach Informationen von „PCData Online“ und „NetCraft“ werden 14 der 20 us-amerikanischen Top-Adult-Sites von bekannten Firmen des regulären Internet-Kommerzes gehostet. “Akamai”, eine globale Caching-Company mit mehr als 8000 Servern, die an ca. 1200 Internet Service Providern stationiert und in über 55 Ländern an 700 verschiedene Netzwerke angeschlossen sind, ist ebenfalls an dem Business der Online-Pornographie beteiligt. Den Service den Akamai anbietet, besteht darin Webseiteninhalte(Content) von einem zentralen Server auf viele verschiedene zu platzieren, die sich näher am realen Ort der Konsumenten befinden. Dies sorgt führe schnellere Übertragungszeiten und vermindert die Gefahren von Netzwerküberlastungen. Akamai, zu deren Kunden u.a. CNN, Nasdaq, Apple, Microsoft, Yahoo, CBS und MSNBC gehören, bietet separat, über die Firma „Directrix” seinen Service auch für die Adult-Industrie an. Im März 2001 kam es zwischen der Firma und 15 führenden Unternehmen der Branche, wie Playboy, Vivid, iGallery und Babenet, zu weiterführenden Geschäftsgesprächen.


Zu den Firmen, die pornographische Webseiten hosten, gehören Unternehmen wie AboveNet (eine Tochterunternehmen von Metro Fiber Network(MCI)) , die beide zum MCI-Konzern gehörende Digex und UUNet, außerdem Exodus, Level3, und Verio (im Besitz des japanischen Telekomkonzerns NTT). AboveNet hostet die führende Adult-Webseite „Karasxxx.com“ von RJB Telcom mit monatlichen 6,9 Millionen Usern (2001). MCI hostet über seine Firmen Digex and UUNet, sowie Business Internet Inc die Megaseiten „Cybererotica“ mit einem monatlichen Traffic von über 4 Millionen monatlich (4,6 Mil./Februar 2001) und „adultrevenueservice.com“, außerdem die Webseiten „smutserver.com“, „sexspy.com” und “amateurfreehost.com”. Die Hostingfirma Exodus liefert ihren Service u.a. an „sexshare.com“, “adultfriendfinder.com”, wie auch “Danni’s Hard Drive“. “Level3” welche eines der größten Glasfaser-Netzwerke in den USA betreibt und 33% an dem Telekom-Unternehmen RCN besitzt, hostet die Webseiten „sleazydream.com“ und „lightningfree.com“.


Die großen Suchmaschinen-Betreiber, wie Yahoo, Alta Vista, AOL und Excite machten (2000) alle erhebliche Umsätze mit Onlinewerbung für pornographische Webseiten, vor allem mit der Bannerwerbung auf den Ergebnis-Seiten der dementsprechenden Such-Anfragen. Im Gegensatz zu den Firmen Compuserve und Prodigy, die in der Anfangszeit ihre Chatrooms und Messageboards kontrollierten und sexuell explizitite und obszöne Inhalte zensierten, vertrat AOL eine tolerante Geschäftspolitik gegenüber den Chat-Aktivitäten seiner Mitglieder und verschaffte sich so einen Wettbewerbsvorteil. Neben dieser toleranten Linie in den öffentlichen Chatrooms hatten AOL-Mitglieder die Möglichkeit eigene Chatrooms zu kreieren, einmal auf der Ebene von Interessengruppen und weitergehend als „private area“ wo die Öffentlichkeit ausgeschlossen war und der Zugang nur über persönliche Einladung erfolgte. 1996 sollen diese öffentlichen bis privaten Chat-Räume das profitabelste Geschäftsegment von AOL gewesen sein und 25% der gesamten Onlinezeit aller AOL-Mitglieder ausgemacht haben.


Yahoo hat in den ersten Jahren nach der Unternehmensgründung Sex als einen profitablen Geschäftsbereich wahrgenommen und dementsprechende Marketingstrategien entwickelt. Die zu sexuellen Themen bezug nehmenden Kategorien waren vielfältig und umfangreich. 1997 bot Yahoo dann den speziellen Service von „Adult-Only-Chatrooms“ an und betrieb dort eine intensive Vermarktung des dortigen Web-Space an pornographische Webseitenbetreiber. Yahoo hatte jahrelang auf den sex-orientierten Suchmaschinenseiten Bannerwerbung für pornographische Webseiten zugelassen und eine eigene Webseite, auf der Pornovideos und andere Produkte verkauft wurden, betrieben. 2001 kam es zu einer massiven E-Mail-, Presse- und Telefonkampagne von konservativen religiösen Gruppen, u.a. der einflussreichen „American Family Association“ Yahoo sah sein Image als Internet-Einstiegsseite für die ganze Familie bedroht und entschloss sich Werbung für pornographische Produkte nicht mehr zuzulassen. Dies betraf vor allem die Yahoo-Seiten für Shopping, Auktionen und bezahlte Anzeigen, sowie die Bannerwerbung. In dem folgenden dreimonatigen Zeitraum April bis Juni 2001 betrogen die Einnahmen von Yahoo 140,7 Millionen Dollar, im Gegensatz zu 232,9 Millionen Dollar für den gleichen Zeitraum im Jahr 2000. Ein defizitäres Ergebnis, welches sicherlich auf die damalige Dot.com-Krise verweist, aber auch auf die fehlenden Werbeeinnahmen, aufgrund des Beschlusses keine pornographische Werbung mehr zu schalten, zurückzuführen war.


Im August 2000 schloss AltaVista mit der Private Media Group einen bis dahin für reguläre Suchmaschinen ungewöhnlichen Geschäftskontrakt betreffend der Bannerwerbung ab. Anstelle eines normalen Werbevertrages wurde AltaVista ein Prozentsatz der Einnahmen, die aus den Mitgliedsbeiträgen von „Privates“ Webseiten resultierten, die über die Suchmaschine zustande kamen, zugesprochen. Über die Hälfte aller Suchanfragen bei AltaVista – zum damaligen Zeitpunkt 50 Millionen täglich – sollen sich auf sexuell relevante Themen bezogen haben. „Private“ erhoffte sich über dieses Arrangement weitere Einnahmen und einen höheren Traffic für seine Webseiten aus dem europäischen, pazifischen und asiatischen Raum, sowie aus dem mittleren Osten. Der nordamerikanische Markt – USA und Kanada – waren von diesem Kontrakt ausgeschlossen. In den Wirtschaftsanalysen und Statistiken großer Unternehmen ist das Segment „Online-Sex“ als Umsatzfaktor allerdings selten zu finden. Auch in den Reports von Wirtschaftsanalysten wird dieser Einkommensfaktor immer seltener aufgeführt. Die europäische Firma Datamonitor, die Ende der 1990er noch aufschlussreiche Statistiken erarbeitete und veröffentlichte, hat ihre Forschung eingestellt und sieht von einer Aktualisierung ihrer Statistiken ab. Dies mag aus „Rücksicht“ auf die betreffenden Großkonzerne, die gleichzeitig auch die wichtigsten Großkunden der Analysten sind, geschehen. Diese Unternehmen müssen, vor allem in den USA, Rücksicht auf die öffentliche Meinung nehmen, die oftmals durch Kampagnen einflussreicher konservativer christlicher Organisationen bewusst lanciert wird. Beste Beispiele sind die veränderte Geschäftspolitik von Yahoo nach einer inszenierten Mail- und Telefonkampagne im Jahr 2001 und der teilweise Rückzug von AT&T aus dem Geschäft mit der Online-Pornographie nach Auktionärsprotesten gleichen Jahres.


Usenet Newsgroups und das Bulletin Board System (BBS)


1979 entwickelten die Studenten Tom Truscott und Jim Ellis von der Duke University das sogenannte Usenet. Sie erdachten ein Dateien-Übertragungssystem in welchem die Beteiligten Nachrichten empfangen und lesen sowie abschicken konnten, die in einer Reihe von Kategorien, den „newsgroups“, unterteilt waren. Diese Nachrichten, Artikel, Textbotschaften, etc. wurden dann gespeichert und an eine große Gruppe von Servern weitergeleitet, die es möglich machten jede Textnachricht von einer Person zu Vielen zu transferieren. Das Usenet war zu seiner Zeit eine sehr innovative Technologie, galt aber mit der Einführung des Internets und des E-mail-Systems zunehmend als antiquiert. Die in den newsgroups geführten Diskussionen werden über Google Groups indiziert, aber keine der großen Suchmaschinen erfasst den Multimedia-Content, vor allem Videos und Photos, der weiterhin über das Usenet transferiert wird. Obwohl Yahoo und Google, sowie verschiedene P2P-Netzwerke ähnliche Möglichkeiten des Datentausches anbieten, werden laut Wikipedia täglich mehr als 2 Terrabytes an Content in das Usennet eingegeben. Die Usenet Newsgroups, ursprünglich eine rein textbasierte Möglichkeit des Meinungs- und Informationsaustausches, waren einer der ersten Internetservices die zur Distribution von Pornographie verwendet wurden.


Ab der zweiten Hälfte der 90er Jahre, als digitale Kameras und dementsprechende Software für den Computer für einen Massenmarkt verfügbar wurden und über das Usenet und später über Yahoo- und MSN-Groups freier Webspace angeboten wurde, bildeten sich eine Vielzahl von Gruppen, die sich mit speziellen sexuellen Interessen beschäftigten und dort ihre eigen Photos veröffentlichten. Viele Menschen aus der BDSM-Szene nutzten mit als erste diese Möglichkeiten des Internets. Aufgrund ihrer ausgefallenen sexuellen Praktiken und des möglichen Potentials einer Stigmatisierung war dort das Bedürfnis nach Informationsaustausch, Kommunikation und Partnersuche größer als bei anderen Gruppen. Innerhalb des Baums des Usenets unter hyerarchy alt. binaries.pictures.erotica mit den Untergruppen interracial, .transvestites und .wives, sowie unter alt.personal.bondage, bekommt man einen Einblick in die Bilderwelten dieser BDSM und Amateur-Interessengruppen. Viele dieser Seiten sind allerdings spam-verseucht und es besteht die Gefahr mit Bildmaterial konfrontiert zu werden, welches Szenen extremer Gewalttätigkeit oder Kinderpornographie enthält. Um dies zu vermeiden kann man einen der vielen Usenet-Services, wie pictureview.com in Anspruch nehmen, die beispielsweise jegliche Form von Kinderpornographie herausfiltern.


Zu jedem pornographischen Genre und jeder Nische gibt es dementsprechende Newsgroups. Das dargebotene Material besteht überwiegend aus Files von Bildern und Filmen, die von Magazinen gescannt, von kommerziellen Pornoseiten heruntergeladen wurden oder aus privat aufgenommenen Material. Außerdem stellen viele Unternehmen der Online-Pornographie Bildmaterial, das mit Wasserzeichen versehen ist, in das Usenet und nutzen es so als eine freie Werbemöglichkeit.


Über die unmoderierte Newsgroup Alt.sex.prostitution , die 1995 alt.sex.services und alt.sex.brothels ersetzte, fanden Diskussionen und ein Informationsaustausch über alle Aspekte der Prostitution statt. Aus der Perspektive der in diesem Bereich arbeitenden Frauen, wie auch aus der Sicht der Freier wurden die Situationen in den verschiedenen Ländern erläutert, Preise verglichen und Bordelle, Clubs, Bars, Callgirl-Ringe und Straßenprostituierte vorgestellt.


Obwohl bei diesem Material oft gegen das Urheberrecht verstoßen wird, ist es bis jetzt kaum zu juristischen Vorstößen der betroffenen Unternehmen und Content-Vermarktern gekommen. Newsgroup-Pornographie ist kostenfrei erhältlich und wird, wenn überhaupt, auf Tauschbasis gehandelt. Es stellt nach wie vor eine populäre Möglichkeit für Einzelpersonen dar, Pornographie anzubieten und zu erhalten und bietet ein größeres Maß an Anonymität da keine Übermittlung von Kontaktdaten, wie dies beim kostenpflichtigen Einloggen auf kommerziellen Seiten der Fall ist, verlangt werden. März 2005 waren beispielsweise innerhalb der alt.sex—Hierarchie noch über 1600 Gruppen verzeichnet, wobei ein Großteil der Gruppen keine nennenswerten Aktivitäten verzeichneten. Die Möglichkeit eines nicht-kommerziellen Video- und Bildertausches hat das Usenet, eigentlich ein Relikt aus den Anfangszeiten des Internets, lebendig gehalten. Eine weitere Methode nichtkommerzieller Distrubution von Pornographie bietet das ICR (Internet Relay Chat), ursprünglich ebenfalls ein textbasiertes Chat-System, dessen Popularität aber im Laufe der letzten Jahre zugunsten anderer file-sharing-Netzwerke, wie z.b. „Instant messaging“ von AOL nachgelassen hat.


GUBA“, eine Suchmaschine und Archivierungssystem, wurde 1998 von zwei Studenten der Arizona State University entwickelt um die enorme Datenmengen des Usennets zu erfassen. Die Möglichkeiten die „GUBA“ bietet haben erheblich mit dazu beigetragen das das Usenet gegenüber der Konkurrenz von ähnlichen Anbietern wie Google Video, Kazaa und Bit Torrent, etc., überlebt hat. Das Potential von “GUBA” liegt in der Suchmaschine und in der Implementation von Technologien, die die Wiedergabe der gewünschten Medien in fast allen gängigen Dateiformaten ermöglicht. Der flash-basierende Videoplayer spielt beispielsweise alle Typen von Videodateien ohne größere Wartezeiten ab. Der über „GUBA“ abgerufene Content ist mit den neuen Medien wie Apple’s Video iPod, Sony’s PlayStation Portable (PSP) und Microsoft’s Xbox 360 kompartibel und macht so die Multimediadaten des Usenets für jede Internetplattform zugänglich. Das Unternehmen sieht sein Ziel aber nicht nur in einer Vermarktung des Usenets, sondern weitergehend in einer Bereitstellung des Contents für den zukunftsträchtigen Mobile-Content-Markt. Gerade auch in Hinblich auf die Adaption der Technologien von dem Video iPod und PSP, stellt Pornographie ein nicht unbeträchtliches Marktsegment dar. Der überwiegende Teil der Multimediadaten des Usenets sind nicht erotischen oder pornographischen Kategorien zuzurechnen, bei den Usern von „GUBA“ stellt dies aber ein populäres Thema dar. Die Unternehmen mit denen „GUBA“ Geschäftspartnerschaften eingegangen ist, stammten zunächst alle aus dem Adult-Bereich: Video Box, AEBN, WantedList und Xobile. Aufgrund der konsumentenfreundlichen Such- und Navigationsfunktionen und vor allem der Komparibilität zu vielen Dateiformaten geht man davon aus sich weiterhin erfolgsversprechend auf dem Internetmarkt platzieren zu können und strebt strategische Partnerschaften in regulären Geschäftsbereichen an. Neben dem Hauptgeschäftsbereiches des Mediendownloads – für einen monatlichen Betrag von $14.95 können User Unmengen von Daten herunterladen – bietet „GUBA“ Partnerprogramme und Möglichkeiten für Content-Provider an. Inzwischen hat sich „Guba“ neu ausgerichtet. Die Adult-Sparte wurde ausgegliedert und ein kostenloses Videohosting-Angebot geschaffen. Weitergehend bietet „Guba“, nachdem dementsprechende Vereinbarungen mit Sony und Warner Bros. abgeschlossen wurden, den kostenpflichtigen Downloads von Hollywoodfilmen an. Seit März 2003 wird der lukrative Geschäftsbereich der Onlinepornographie von Guba über die Plattform skinvideo.com abgewickelt.


Quelle: AVN-Online, “Guba – Sexing up Usenet” 3-1-2006


Eine weitere Form des Informationsaustausches stellten die frühen Internetforen dar, die inzwischen allgemeiner Standard für die Kommunikation der verschiedenen Webcommunities geworden sind. Im Gegensatz zum offenen Usenet setzen die meisten Webforen eine Registrierung voraus. Viele Foren bieten registrierten Benutzern die Möglichkeit, sich per E-Mail benachrichtigen zu lassen, wenn neue Beiträge verfasst wurden. Ein Bulletin Board, als eine spezielle Form des Webforums, vereint alle Postings eines Themas auf einer Seite Nach einer einstellbaren Anzahl von Beiträgen wird das Thema auf eine Folgeseite umbrochen. Der Vorteil dieser „flachen“ Struktur ist eine niedrigere Abrufzeit, kann aber bei umfangreichen Themen zur Unübersichtlichkeit führen. Bereits vor der Geburt des World WideWeb anfangs der 1990er, wurden im größeren Umfang Informationen über solche Bulletin Board Systems (BBS) Sysops (Systems Operators) ausgetauscht. BBS startete Ende der 70er und hatte seine größte Popularität Ende der 80er Jahre erreicht. Während ein Großteil des Datentransfers der über das Bulletin Board System abgewickelt wurde nichtkommerziell war und dem Austausch von Informationen und Software diente, nutzten andere BBS-Operateure das System zum Versand von Pornographie. Die Bezahlung wurde derzeit über verschiedene Methoden abgewickelt. Entweder mussten Kunden eine Telefonnummer anrufen und einem realen Ansprechpartner die notwendigen Kreditkarteninformationen übermitteln. Die eigentliche Transaktion wurde dann manuell oder mit Hilfe von ICVerify, einem Softwarepaket, das die Überprüfung der Kundeninformation und den Überweisungsvorgang abwickelte, vorgenommen.


Andere Operateure nutzten die Zahlungssysteme die in der Telefonsexindustrie gebräuchlich waren und erhoben anfangs von jedem, der eine dementsprechend angewiesene 900-Nummer gewählt hatte, Gebühren. Da mit dieser Methode aber keine Kontrolle, inwieweit sich Minderjährige und andere unautorisierte Personen Zugang verschafften, möglich war, ging man bald dazu über den User seine Kreditkarteninformationen per Telefon über ein Interactive Voice Response (IVR) System übermitteln zu lassen, das dann den Prozess des Geldabhebens an das bestehende Visa/Mastercard-Netzwerk weiterleitete. 1993/4 wurde bereits im erheblichen Umfang Pornographie per Kreditkartenüberweisungen über das Internet gehandelt, während Server-Firmen wie Netscape zu diesem Zeitpunkt Schwierigkeiten hatten den erhöhten Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. SSL Security und Methoden der Datenverschlüsslung wurden gerade in das System implantiert, hatten aber oft Kompatibilitätsprobleme und die Serversoftware war teuer und kompliziert zu handhaben. In Konsequenz entwickelte sich das Apache Server Projekt, ursprünglich ein Open Source Projekt, welches freie Server-Software produzierte, zum Marktführer. 2001 wurden bereits über 60% aller Server weltweit über Apache betrieben, im Segment der Online-Pornographie soll dieser Prozentsatz sogar bei über 80% gelegen haben..